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23. Februar 2022 | Die Pandemie verändert das Gesicht der Städte auf Dauer. Das gilt auch für Berlin. Bestimmte Einzelhändler geben Standorte auf oder verkleinern sich, und für die freiwerdenden Flächen werden neue Konzepte erprobt. Während die einstigen Toplagen ihren Weg noch suchen, gibt es bereits einen klaren Corona-Gewinner: den Kiez.
Es wird nie wieder wie früher sein. Auch wenn die Kundenfrequenz in den Berliner 1a-Lagen in den letzten Monaten wieder zugenommen hat, liegt sie weiterhin deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau. Die Menschen haben ihre Gewohnheiten an die Pandemielage angepasst. „Diese Verhaltensänderungen werden bleiben, auch wenn das Virus eines Tages weg sein wird“, erwartet Veronika Tomas-Kelava, Teamleiterin Retail Services bei Engel & Völkers Commercial Berlin. „Die Kunden kommen seltener in die Innenstädte. Dafür entdecken sie die Kieze, in denen sie wohnen.“
Viele Anbieter, die in den Toplagen der Innenstädte bleiben, verkleinern und optimieren ihre Verkaufsflächen. Dabei konzentrieren sie sich auf die Erdgeschosse, unter Umständen ergänzt durch maximal eine Etage darunter oder darüber. Einzelhandelsflächen in oberen Etagen wird es dagegen zukünftig nur noch selten geben. „Teilweise werden die freiwerdenden oberen Stockwerke in Büros umgewandelt, weil die Büronachfrage in Berlin weiterhin groß ist“, erläutert Tomas-Kelava. „Trotzdem steigt die Anzahl der Leerstände in den 1a-Lagen, und mittelfristig erwarten wir weitere Vakanzen.“
Insgesamt wird die Berliner Einzelhandelslandschaft kleinteiliger, bislang große Retailflächen werden zunehmend auf mehrere kleinere Mieter aufgeteilt. Für den Eigentümer bedeutet dies Umbaukosten und höheren Verwaltungsaufwand. Auf der Habenseite steht jedoch ein geringeres Mietausfallrisiko im Vergleich zu einem Großmieter. Zudem sind bei kleinteiligerer Vermietung höhere Quadratmetermieten realisierbar.
Was in den Toplagen zunehmendes Gewicht bekommt, sind die systemrelevanten Einzelhändler aus den Segmenten Lebensmittel und Drogerie. Sie zahlen zwar geringere Mieten für solche Lagen als vor der Pandemie, sind aber als solvente und krisensichere Mieter gefragt. Auch Gastronomieketten drängen verstärkt in die Innenstädte. Dazu kommen ganz andere Nutzer, etwa aus den Bereichen Gesundheit, Lifestyle und Kultur, die verstärkt nach Flächen fragen. „Und wir beobachten, dass Lieferdienste zunehmend in die Lücken stoßen“, sagt die Retail-Expertin.
Während sich die Toplagen in den Innenstädten auf dauerhaft weniger Kundenfrequenz einstellen müssen, profitieren die Kieze von der aktuellen Situation. „Während der Lockdowns haben Arbeitnehmer, Schüler und Studenten den Kiez, in dem sie wohnen, zum ersten Mal richtig wahrgenommen – vor allem tagsüber in der Woche“, so Tomas-Kelava. Etwa in der Bergmannstraße in Kreuzberg, dem Akazienkiez in Schöneberg oder dem Kollwitzkiez im Prenzlauer Berg brummen Einzelhandel und Gastronomie. In anderen Kiezen ist es ähnlich.
Das dürfte so bleiben, aber auch die Kieze werden in Zukunft ihr Gesicht verändern. Dazu trägt die Besinnung auf Nachhaltigkeit bei. „Im Kommen sind regionale Händler und der höherwertigere Lebensmittelhandel“, beobachtet Tomas-Kelava. „Und trendige Onlinehändler etwa aus dem Drogerie- und Kosmetikbereich, die von der Pandemie profitiert haben, werden nun in den Kiezen stationär.“
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