Schon in rund drei Monaten, am 1. Juli, beginnt der Zeitraum, in dem Eigentümer ihre Grundsteuererklärung beim Finanzamt einreichen müssen. Steuerberater Jürgen Lindauer erwartet zwar, dass sich die Behörden angesichts der Reform kulant zeigen, falls die Erklärung nicht bis 31. Oktober eintrifft. Darauf verlassen sollten sich Eigentümer allerdings nicht. Für seine eigenen Kunden plant der KPMG-Experte die Abgabe der Erklärung bis Mitte September. Sollten dann noch Daten fehlen, bliebe genug Zeit, sie bis Ende Oktober beim Finanzamt nachzureichen.
Jeder, dem in Deutschland Grund und Boden gehört, muss die Erklärung fristgerecht und elektronisch abgeben. Bundesweit betroffen sind 36 Millionen Einheiten, die aufgrund der Reform neu bewertet werden müssen. Davon zählen 24 Millionen Einheiten zu den Wohnimmobilien und zwölf Millionen zu den Geschäftsgrundstücken. Definiert sind Geschäftsgrundstücke laut Bewertungsgesetz (BewG) als „Grundstücke, die zu mehr als 80 Prozent, berechnet nach der Wohn- und Nutzfläche, eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken dienen und nicht Teileigentum sind”.
Eine der häufigsten Fragen rund um die Grundsteuerreform bezieht sich auf die Flächenberechnung, wie Steuerberater Lindauer im jüngsten Grundsteuer-Webinar von Engel & Völkers erklärte. Denn Möglichkeiten gibt es viele. Sie sind in unterschiedlichen Verordnungen und Richtlinien definiert, zum Beispiel in den Landesbauordnungen (LBO) der Bundesländer oder in der Baunutzungsverordnung (BauNVO).
Doch für die Ermittlung der Grundsteuer sind nur zwei Definitionen relevant. So muss für die Berechnung der Wohnfläche die Wohnflächenverordnung (WoFlV) angewendet werden, während andere Nutzflächen als Brutto-Grundfläche nach DIN 277 erfasst werden.
Die Wohnfläche umfasst alle Grundflächen der Räume einschließlich Wintergärten und Balkone. Nicht dazugerechnet werden beispielsweise Keller, Dachboden oder Waschküche. Räume bzw. Raumteile werden nur vollständig in die Berechnung einbezogen, wenn sie mindestens zwei Meter Höhe haben. Bei niedrigerer Höhe werden sie nur zur Hälfte eingerechnet. Die Flächen von Balkonen und Loggien wiederum schlagen nur zu einem Viertel zu Buche.
DIN 277 legt der Berechnung die ganze Fläche einer Immobilie zugrunde und zieht lediglich die Konstruktion ab, um die Brutto-Grundfläche zu bemessen. Konstruktionsgrundfläche sind beispielsweise Wände, Schornsteine, Wandnischen oder Türöffnungen.
Die Kommunen sollen unterm Strich nicht mehr Grundsteuer einnehmen als zuvor. Die Reform ist lediglich dazu gedacht, die Abgabenlast gerechter unter den Eigentümern zu verteilen. Dennoch ist unklar, welche Auswirkungen das auf die Höhe der individuellen Grundsteuer haben wird, die Steuerpflichtige zahlen müssen. Abhängig ist das vom Berechnungsmodell, das im jeweiligen Bundesland angewendet wird, und von den Hebesätzen, die die Gemeinden festlegen. Doch schon jetzt ist absehbar: Es wird Gewinner und Verlierer geben.
Für Fragen rund um die Grundsteuerreform steht Ihnen Steuerberater Jürgen Lindauer von KPMG im Rahmen eines weiteren Engel & Völkers Webinars am 5. Mai 2022 zur Verfügung. (31.3.22)