Kai Enders (Mitglied des Vorstands von Engel & Völkers) und Dirk Beller (Bereichsleiter Engel & Völkers Commercial Deutschland, Schweiz und Tschechien) beantworten vier Fragen zu den Auswirkungen des Corona-Virus auf die Immobilienbranche:
Herr Enders, welche Auswirkungen erwarten Sie durch das Corona-Virus für wohnwirtschaftliche Investments?
Aktuell steht nicht nur die gesamte Wirtschaft vor großen Herausforderungen, sondern auch die Gesellschaft. Diese Kombination aus gesundheitlichen und wirtschaftlichen Faktoren, die die Wenigsten von uns bisher so erlebt haben, lassen weitere Entwicklungen schwer prognostizieren. Dennoch zurück zu Ihrer Frage: Wohnen ist ein Grundbedürfnis mit einem kontinuierlichen Cash-Flow an Mieteinnahmen aus der Wohnnutzung, woher die Begriffe wie Betongold und sicherer Hafen bei Anlegern kommen und auch zukünftig gelten werden. Derzeit ist davon auszugehen, dass mittelfristig die Nachfrage nach Wohn- und Geschäftshäusern stabil bleiben wird.
Herr Beller, wir haben jetzt im Schwerpunkt über Bestandsimmobilien gesprochen, was erwarten Sie für Wohnimmobilienprojekte?
Wohnimmobilienprojekte stehen kurzfristig vor großen Herausforderungen. Ich denke da insbesondere bei geplanten Neubauprojekten an die teilweise geschlossenen, zuständigen Ämter für das Bebauungsplanverfahren. Aber ich denke auch an weitere Verfahrensschritte wie Bürgerbeteiligungsverfahren oder Öffentlichkeitsarbeit, die durch das Kontaktverbot erschwert oder unmöglich werden. Auch die zu erwartende, eingeschränkte Verfügbarkeit von Handwerkern durch Quarantäne oder sonstige Anordnungen und Einreiseverbote aus ihren Heimatländern sind aktuelle Hürden. Schwierig könnte es für Bauträger werden, die verschiedene Projekte gleichzeitig realisieren und dadurch ihre Eigenkapitaldecke zu sehr ausgereizt haben. Banken müssen in der aktuellen Situation sehr genau prüfen. Von einigen Banken wissen wir durch unseren Bereich Engel & Völkers Finance, dass dort aktuell kein Neukundengeschäft mehr umgesetzt wird.
Herr Enders, haben Sie bereits Auswirkungen beim Vertrieb von Wohnimmobilien ausgemacht?
In den zurückliegenden zwei Wochen waren die Umsätze im weltweiten Engel & Völkers-Netzwerk noch relativ stabil. Die aktuell geltenden Regeln für das bundesweite Sozialleben werden das Marktgeschehen jedoch vermehrt beeinflussen. Finanzierungsthemen, Immobilienbesichtigungen und Notartermine sind People-Business und in einigen Fällen auch mit Reisen verbunden. Hier ist unser Handlungsspielraum natürlich etwas eingeschränkt. Wir sind jedoch seit langem gut digital für Beratungsgespräche und Objektbesichtigungen aufgestellt, was uns in dieser Situation hilft. An der einen oder anderen Stelle haben unsere Kunden jedoch etwas Sorgen. Hier gilt es diese gut in der aktuellen Situation zu beraten.
Herr Beller, welche Auswirkungen erwarten Sie beim Preisniveau?
Die aktuelle Unsicherheit wird in den kommenden Wochen und Monaten bei einigen Marktteilnehmern zur Zurückhaltung beim Kauf- und Verkauf führen, was in sinkenden Transaktionszahlen münden wird. Aktuell ist nicht davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Anlageimmobilien deutlich zurückgehen wird, weil viele Privatanleger ihre Anlageform wie Aktien überdenken werden. Das günstige Zinsniveau und die nach wie vor vergleichsweise attraktiven Renditen könnte die Flucht in Wohnimmobilien weiter forcieren. Somit erwarten wir mittel- bis langfristig allenfalls moderate Preiskorrekturen in spezifischen Teilmärkten. Kurzfristig dürfte sich die Seitwärtsbewegung fortsetzen oder sogar eine Preisdelle bilden.
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