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Mietendeckel: Ein Interview mit Rechtsanwalt Axel Lipinski-Mießner

Engel & Völkers Berlin Mitte MMC | Fragen & Antworten zum Mietendeckel

Seit Ende Februar gilt in Berlin der Mietendeckel – nicht nur die Änderungen vom Gesetzesentwurf zum in Kraft getretenen Mietendeckel bergen Unsicherheiten, auch zahlreiche spezifische und definitorische Fragen zum verabschiedeten Gesetz stehen im Raum. Wie sich die Regularien in der Praxis widerspiegeln und die Umsetzung bestmöglich erfolgt, erarbeiteten wir in mehreren Workshops mit Rechtsanwalt und Geschäftsführer des Ring Deutscher Makler Landesverband Berlin und Brandenburg e.V. Axel Lipinski-Mießner (persönlich und virtuell). 

Die dabei am häufigsten aufkommenden Fragen unserer Kunden, aus Vermieter- und Mietersicht, haben wir für Sie zusammengetragen und sie RA Axel Lipinski-Mießner gestellt:


1. Wie verfährt der Eigentümer/ Vermieter mit bestehenden Mietverträgen? Worauf ist jetzt zu achten? 

Für den Vermieter in Berlin sind bei Mietverträgen, die bereits bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung (MietenWoG Bln) – gemeinhin als „Mietendeckel“ bezeichnet – am 23. Februar 2020 Bestand hatten, zwei wesentliche Fristen zu beachten: Zum einen ist der Vermieter bis zum 23. April 2020 verpflichtet, Auskunft über die zur Berechnung der Mietobergrenze maßgeblichen Umstände zu erteilen. Das bedeutet, dass der Mieter anhand der vom Vermieter zur Verfügung gestellten Informationen herausfinden kann, welche Mietobergrenze nach dem Mietendeckel für seine Wohnung gilt. Zum anderen muss der Vermieter das Fristende zum 23. November 2020 beachten, da er vom Mieter mit der Dezember-Miete 2020 nicht mehr eine höhere als nach dem Mietendeckel berechnete Miete „fordern und entgegennehmen“ darf. Eine Miete ist dann überhöht, wenn sie unter Berücksichtigung der Wohnlage mehr als 20 % über der maßgeblichen Mietobergrenze in der Mietentabelle liegt. Die vorgenannten Fristen sollte der Vermieter unbedingt im Auge behalten, da ein Verstoß gegen die Auskunftspflichten und die Entgegennahme und das Fordern eine Miete oberhalb der Mietobergrenze eine Ordnungswidrigkeit darstellt, die mit einem Bußgeld von bis zu 500.000,00 EUR bestraft werden kann. Am 24.03.2020 hat die Senatskanzlei nun aber mitgeteilt, dass bei Verstößen gegen Melde- und Informationspflichten des Vermieters aufgrund der Covid-19-Pandemie für 6 Monate (bis zum 24. Oktober 2020) auf die Geltendmachung von „Sanktionen“ verzichtet werde. Dies sollte der Vermieter jedoch nicht als „Freibrief“ verstehen, denn er verhält sich weiterhin ordnungswidrig, wenn er seine Auskunftspflicht über die zur Berechnung der Mietobergrenze maßgeblichen Umstände nicht erfüllt.


2. Was muss ein Vermieter tun, wenn er seine Wohnung im Dezember 2019 wesentlich höher als der Mietspiegel vermietet hat? 

Der Vermieter muss zunächst seine Auskunftspflicht (siehe Antwort Frage 1) gegenüber dem Mieter erfüllen. Die im Dezember 2019 vereinbarte Miete kann er bis November 2020 auch weiterhin entgegennehmen. Der Umstand, dass eine wesentlich höhere Miete als die Vergleichsmiete nach dem Berliner Mietspiegel vereinbart wurde, ist bis zur Dezember-Miete unerheblich. Anders verhält es sich natürlich, wenn der Mieter gegenüber dem Vermieter eine überhöhte Miete nach den Regeln der Mietpreisbremse rügt. 


3. Müssen die Mieter/ Vermieter die Differenzsumme zur reduzierten Miete separat auf einem Konto lagern, für eventuelle Rück-/ bzw. Nachzahlungen? 

Vermietern ist es verboten eine höhere als die nach dem Mietendeckel zulässige Miete zu fordern und entgegenzunehmen. Sofern der Mieter also mehr überweist, muss dies an den Mieter umgehend zurückgezahlt werden. Dem Mieter hingegen ist anzuraten, dass er die „ersparten Beträge“ auf ein separates Konto einzahlt. Der überwiegende Teil der rechtswissenschaftlichen Veröffentlichungen und Gutachten geht von einer vollständigen oder zumindest teilweisen Verfassungswidrigkeit des MietenWoG Bln aus. Es ist 

also sehr wahrscheinlich, dass das MietenWoG Bln in Gänze oder in Teilen als verfassungswidrig verworfen wird. Wenn dieser Fall eintritt, dann kann der Vermieter die Differenz zwischen der zulässig vereinbarten Miete und der Kappungsmiete vom Mieter zurückverlangen. 


4. Greift der Mietendeckel auch bei sanierten Wohnungen, die nach 2014 umfassend saniert wurden? 

Ja, denn der Berliner Mietendeckel stellt anders als das Bundesgesetz zur Mietpreisbremse nur auf die erstmalige Bezugsfertigkeit des Gebäudes ab. Ein teuer sanierter Altbau, der vor 1918 erbaut wurde, hat damit das Nachsehen. 


5. Wie ist es mit speziellen, luxuriösen Gebäuden, wie Sony Center & Upper Eastside? Die Häuser sind nicht mit anderen Wohnhäusern des gleichen Baujahres z.B. in Marzahn vergleichbar. 

Der Mietendeckel macht zwischen den Gebäuden leider keinen Unterschied, sondern stellt allein auf die erstmalige Bezugsfertigkeit ab. Es kann allenfalls ein Zuschlag in Höhe von 1 EURO pro m2 für Wohnraum mit moderner Ausstattung hinzugerechnet werden, wenn mindesten 3 der in § 6 Abs. 3 MietenWoG Bln genannten modernen Merkmale vorliegen. Diese sind: ein schwellenlos von der Wohnung und vom Hauseingang erreichbarer Personenaufzug, eine Einbauküche, eine hochwertige Sanitärausstattung, ein hochwertiger Bodenbelag in der überwiegenden Zahl der Wohnräume und ein Energieverbrauchskennwert von weniger als 120 kWh/(m2a).

 Potsdam
- E&V Mietendeckel Berlin

6. Anhand welcher NKM (Mietendeckel oder Angebotsmiete) errechnet sich die Kautionshöhe? 

Die Vereinbarung einer Mietsicherheit ist von den Regelungen des Mietendeckels nicht erfasst. Aus dem Umstand, dass der Vermieter nach wie vor beim Abschluss des Mietvertrages eine nach der Mietpreisbremse zulässige Miete „vereinbaren“, aber nur eine Miete in Höhe der Mietobergrenze nach dem Mietendeckel „fordern und entgegennehmen“ kann, ergibt sich, dass sich die Kautionshöhe auch weiterhin an der vereinbarten Nettokaltmiete orientiert und nicht an der geforderten und entgegengenommenen Nettokaltmiete nach dem Mietendeckel.. 


7. Wie errechnet sich die Maklercourtage, wenn die Nettokaltmiete nun herabgesenkt wird. Wird diese dann in voller Höhe gezahlt oder entsprechend der gesetzlichen Miethöhe angepasst? 

Es empfiehlt sich hier eine sowohl für den Vermieter als auch für den Makler befriedigende Lösung zu finden. Grundsätzlich orientiert sich die Provision des Maklers an der Nettokaltmiete. Zwischen den Parteien kann daher vereinbart werden, dass für den Fall, dass der Mietendeckel als verfassungswidrig verworfen wird und der Vermieter einen Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Mieter wegen zu wenig gezahlter Miete erhält, der Makler gleichzeitig auch einen Anspruch gegen den Vermieter auf Nachzahlung der Provision in Höhe der Differenz zur höheren Nettokaltmiete als Bezugsgröße erhält. 


8. Können Staffelmieten ab dem 5. Mietjahr vereinbart werden? 

Es können weiterhin Staffelmietvereinbarungen – auch ab dem 1. Jahr – „vereinbart“ werden. Solange der Mietendeckel jedoch Bestand hat, darf der Vermieter die Staffelmieterhöhung nur nicht „fordern und entgegennehmen“. Es empfiehlt sich daher weiterhin entsprechende Staffelmietvereinbarungen zu treffen, da die Mieterhöhungen automatisch erfolgen und für den Fall, dass der Mietendeckel als verfassungswidrig verworfen wird, ein höherer Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Mieter besteht. 

Dieses Interview ist online geführt worden.


Background:

Mit einem Schwerpunkt auf Immobilien-, Handels- und Gesellschaftsrecht ist RA Axel Lipinski-Mießner Inhaber einer Kanzlei sowie Geschäftsführer des Ring Deutscher Makler Landesverband Berlin und Brandenburg e.V. Zuvor studierte er unter anderem an der HU Berlin sowie der University of Hull, durchlief Stationen wie die der Senatskanzlei von Berlin und KPMG und war wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Zürich: https://www.lipinski-miessner.de/

 Potsdam
- Engel&Völkers Berlin Mitte, RDM

Von links nach rechts: Leiterin der Vermietungsabteilung Elena Roth, RA Axel Lipinski-Mießner, Geschäftsführerin E&V Berlin Mitte GmbH Tatjana Ehrler​

Für weitere Fragen rund um den Mietendeckel steht Ihnen unsere Kollegin Elena Roth beratend zur Seite: 

+49 30 2332 000-0 oder: elena.roth@engelvoelkers.com

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