In der Bundesrepublik herrscht ein regelrechter Bauboom: Deutschlandweit wurden 2019 laut Statistischem Bundesamt segmentübergreifend mehr Wohnungen fertiggestellt als in den Jahren zuvor. Der Trend einer zunehmenden Bautätigkeit hält mittlerweile seit zehn Jahren an. Auch der Nachfrageüberhang, also die Differenz zwischen Nachfrage und fertiggestelltem Wohnraum in Deutschland verringert sich weiter.
Für viele Immobilienkäufer und Wohnungssuchende lautet allerdings die wichtigste Frage: Wie wirkt sich die anhaltend hohe Fertigstellungszahl auf die Immobilienpreisentwicklung aus und wieso scheint vielerorts trotzdem Wohnungsmangel zu herrschen?
Bauboom in Deutschland – was bedeutet das?
Mit dem Schlagwort Bauboom wird im Allgemeinen die anhaltend hohe Bautätigkeit in Deutschland bezeichnet. Trotz der anhaltend hohen Bautätigkeit kann das Angebot die Nachfrage allerdings nach wie vor nicht decken. Auch in den kommenden Jahren ist hier keine Trendwende zu erwarten.
Die Neubaunachfrageprognose beschreibt schließlich, wie viele Wohnungen zukünftig durch Haushalte nach gefragt bzw. durch Ersatz und qualitativen Neubaubedarf zusätzlich benötigt werden – da nicht immer adäquater Wohnraum zur Verfügung steht. Wie dem unteren Diagramm zu entnehmen ist, wurden bundesweit in den vergangenen fünf Jahren weniger Wohnungen gebaut als benötigt.
Allerdings hat sich die Differenz zwischen Angebot und Nachfrage verkleinert. 2015 betrug der Nachfrageüberschuss in der Bundesrepublik rund 126.400 Wohneinheiten. 2019 waren es schätzungsweise rund 12.700 Wohnungen. Bis 2030 prognostiziert empirica regio eine bundesweit kontinuierlich sinkende Neubau nachfrage, die auf einer nachlassenden Bevölkerungsdynamik basiert.
Blickt man auf die langfristigen Entwicklungen, ist zu beobachten, dass sich die Bautätigkeit in Deutschland seit dem Jahr 2000 vom Segment der Ein- und Zweifamilienhäuser hin zu den Miet- und Eigentumswohnungen verlagert hat. Während die Zahl fertiggestellter Miet- und Eigentumswohnungen seit Jahren steigt, hat sich die Bautätigkeit bei den Ein- und Zweifamilienhäusern seit der Jahrtausendwende nahezu halbiert.
Sinken die Immobilienpreise durch den Bauboom?
Trotz der regen Bautätigkeit in der jüngeren Vergangenheit konnte der deutlich gestiegene Wohnungsbedarf in Deutschland nicht ausreichend gedeckt werden. Dies gilt insbesondere für die wirtschaftsstarken Ballungsräume, in denen trotz Baubooms eine ungebrochen hohe Nachfrage nach Wohnraum herrscht.
Für die Zeit zwischen 2021 und 2025 geht das Institut der deutschen Wirtschaft aufgrund einer rückläufigen demografischen Entwicklung von einem jährlichen Bedarf von 260.200 Wohnungen aus. Summiert ergibt sich hieraus ein Gesamtzahl von 1,98 Millionen benötigter Wohneinheiten in Deutschland bis 2025. Geht man von der bisherigen Bautätigkeit der vergangenen sieben Jahre aus, werden bis dahin allerdings nur rund 1,76 Millionen Wohnungen fertiggestellt sein. Ein Sinken der Immobilienpreise in Deutschland ist somit trotz des Baubooms unwahrscheinlich.
Warum fehlen Wohnungen trotz Baubooms?
Viele potenzielle Immobilienkäufer haben den Eindruck, dass trotz des Baubooms ein deutlicher Wohnungsmangel in Deutschland herrscht. Allerdings existieren hierbei auf regionaler Ebene zum Teil erhebliche Unterschiede. Besonders periphere Landkreise weisen bereits heute deutliche Leerstände aufgrund von Bevölkerungsrückgängen auf. Der Wohnungsmangel konzentriert sich in erster Linie auf die Metropolen und die dazugehörigen “Speckgürtel”.
Dass trotz des Baubooms weiterhin vielerorts Wohnraum knapp ist, liegt auch an den rückläufigen Baugenehmigungen. Im Gegensatz zu den Baufertigstellungen hat die Zahl der Wohnungsbaugenehmigungen 2016 mit rund 375.400 ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht – der höchste Wert in diesem Jahrtausend. Nachdem diese Zahl in den folgenden Jahren wieder sank, konnte die Anzahl der Baugenehmigungen 2019 erstmals wieder steigen.
Die folgende Karte bildet dazu die bis 2030 kumulierte und prognostizierte Neubaunachfrage auf Ebene der Stadt und Landkreise in Relation zur aktuellen Einwohnerzahl ab. Im bundesweiten Durchschnitt werden im genannten Zeitraum rund 31,8 Wohnungen je 1.000 Einwohner benötigt. In 213 der 401 untersuchten Kreise Deutschlands liegt die zukünftige Nachfrage jedoch höher.
Ein Lösungsansatz für dieses Problem liegt im Bürokratieabbau durch Typengenehmigungen: Anfang 2019 wurde dieses Genehmigungsverfahren in die Musterbauordnung aufgenommen und soll künftig die Zulassung seriell und modular errichteter Wohngebäude vereinheitlichen. Das Ziel dieser Maßnahme ist es, Gebäude in kürzerer Zeit zu errichten, die sowohl kostengünstig sind als auch eine gute architektonische Qualität aufweisen.
Wo ist der Bedarf an neuen Wohnungen am höchsten?
Die Metropolregionen, wie der Großraum München oder das Rhein-Main- Gebiet, werden gemäß Prognose bis 2030 weiterhin überdurchschnittlich viele neue Wohnungen nachfragen. Darüber hinaus benötigt der ländlich geprägte Nordwesten der Bundesrepublik auch vergleichsweise viele neue Wohnungen im untersuchten Zeitraum. Im Osten Deutschlands konzentriert sich die zukünftige Neubaunachfrage, neben der Metropolregion Berlin/ Brandenburg, auf die wirtschaftlich dynamischen Großstädte.
Wohin entwickeln sich die Immobilienpreise künftig?
Die Immobilienpreisentwicklung bei Wohnimmobilien verläuft angesichts der nach wie vor herrschenden Wohnraumknappheit insbesondere in den wirtschaftlichen Ballungsräumen positiv. Aufgrund des Nachfrageüberhangs dürften die Kauf- und Mietpreise in den deutschen Metropolen auch künftig weiter ansteigen. Wie genau die Preiskurve in den 64 wichtigsten deutschen Städten verläuft erfahren Sie in unserem Wohnimmobilien Marktbericht 2020/2021.
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