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Finanzierung in der aktuellen Zeit

Interview mit Michael Schuster, Bankkaufmann & Finanzierungsfachmann (BWB) bei der bauFinanz südwest GmbH, Tel. +49(0)151-525 194 11


E&V: Guten Tag Herr Schuster, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Interview nehmen.

Unsere erste Frage: Wie ist Ihre Einschätzung: Macht es in der heutigen Zinssituation überhaupt Sinn, aktuell eine Immobilie zu erwerben oder sollte ein Kaufinteressent nicht lieber noch ein halbes Jahr mit einer Kaufentscheidung warten?

Herr Schuster: Vielen Dank für die Einladung zum Gespräch. Lassen Sie uns doch kurz auf die aus meiner Sicht maßgeblichen Gründe schauen, die zu diesem extremen Zinsanstieg führten, den ich in 25 Berufsjahren im Bereich der Baufinanzierung so noch nicht ansatzweise erlebt habe.

Zum einen wäre da der Ukrainekrieg. Wir erleben gerade alle an der Tankstelle, im Supermarkt, aber auch beim Häuslebau, wie sich Engpässe in den Lieferketten auswirken. Viele Ressourcen wie Gas, Öl, Holz, aber auch Getreide werden knapper und damit teurer. Die hohe Inflationsrate lässt die Zinsen von z.B. Bundeswertpapiere wie Bundesanleihen in Höhen steigen, die wir lange nicht mehr gesehen haben. Diese Entwicklung reißt auch die Baufinanzierungszinsen mit, da diese sich immer an den diesen orientieren. Die Geldpolitik der EZB versucht aktuell, die Inflation durch Leitzinserhöhungen einzubremsen. Diese Erhöhungen wirken sich auch immer auf die Bauzinsen aus.

Zurück zu Ihrer Frage: Leider habe ich keine Glaskugel, ich glaube aber, dass die Zeit der Niedrigzinsphase für eine lange Zeit vorbei sein wird. Wir treten auch bei den Zinsen in eine Zeitenwende ein. Meine persönliche Einschätzung ist, dass die Zinsen nächstes Jahr noch leicht steigen werden und sich dann aber auch einpegeln. Ausschläge nach unten und oben sind aktuell aber immer möglich. Zum anderen darf man nicht vergessen, dass auch die Mieten immer weiter steigen werden. Der knappe Wohnraum, gerade in Ballungsgebieten, wird die Immobilienpreise auf einem relativ stabilen Niveau halten, natürlich sehen wir hier aktuell eine kleine Korrektur bei den Immobilienpreisen. Meine persönliche Meinung für eine Kaufentscheidung ist daher ein klares Ja.

Es gibt aber auch noch viele andere Gründe für den Immobilienerwerb. Da wäre z.B. die Vorsorge für das Alter. Wer seine Immobilie abbezahlt hat, wohnt in der Rente mietfrei. Als Eigentümer kann ich mich viel freier und kreativer ausleben. Ich denke da z.B. an die Luxusküche, ein Wintergarten, ein Kamin, eine Sauna oder spezielle Hobbys wie z.B. ein großes Aquarium. Viele dieser Dinge würden in einer Mietwohnung keinen Sinn machen oder wären nicht erlaubt. Zudem sind das auch Investitionen in den Werterhalt und die Wertsteigerung der Immobilie.

E&V: Wie sieht  die aktuelle Zinssituation aus, mit welchen Kreditzinsen bei 10, 15 oder 20 Jahren muss bei dem Erwerb einer Immobilie gerechnet werden? 

Herr Schuster: Das ist eine Momentaufnahme und von weiteren Faktoren, wie Eigenkapitaleinsatz und dem Beleihungswert abhängig. Tagesaktuell (15.11.2022) bedeutet das im 10jährigen Bereich ca. nom. 3,69%, im 15 jährigen Bereich ca. 3,77%, bei 20 Jahren ca. 3,87%

. Um diese Topkonditionen zu erhalten, muss man aber auch schon einen recht hohen Eigenkapitaleinsatz einplanen.

E&V: Welche Prognose würden Sie über die weitere Zinsentwicklung in den kommenden Monaten treffen?

Herr Schuster: Das hängt natürlich von den oben beschrieben Faktoren ab. Ich gehe davon aus, dass die EZB noch weitere Zinserhöhungen zur Eindämmung der Inflation unternehmen wird, das würde auch eine weitere Erhöhung der Bauzinsen bedeuten. Hoffen wir alle, dass diese Schritte erfolgreich sind. Mittelfristig könnte ich mir vorstellen, dass sich der Bauzins irgendwo bei 5% einpegelt. Wenn man die letzten 10 Jahre mal außer Acht lässt, ist das auch nichts Ungewöhnliches. Meine Eltern haben in den 70er Jahren gebaut und damals über 10% für Ihr Darlehen gezahlt.

E&V: Können Sie uns einen Tipp geben, wie eine Finanzierung einer Immobilie am besten aufgebaut sein sollte?

Herr Schuster: Meiner Meinung nach sollten Kunden in erster Linie staatliche Vergünstigungen, die Ihnen zustehen, ausschöpfen. Gefördert werden z.B. Familien mit Kindern oder auch der energetische Standard der Immobilie und die Eigennutzung der Immobilie. In den Förderprogramen der L- Bank und der KfW ist immer viel Bewegung. Zum einen werden neue Programme aufgelegt, es können aber auch festgelegte Fördertöpfe erschöpft sein. Ein guter Baufinanzierer wird dem Kunde immer den besten Weg für ihn aufzeigen können. Ein gesunder Eigenkapitaleinsatz macht die Finanzierung einfacher, bezahlbarer und sicherer. Persönlich bin ich ein Fan von langen Zinsbindungen, da die Finanzierung dadurch kalkulierbarer und sicherer wird. Wenn Kunden denken, dass Sie eventuell zu viel zahlen, wenn die Zinsen z.B. nach 10 Jahren stark fallen würden, kann man Entwarnung geben. Jeder Kunde hat nach 10 Jahren ein Sonderkündigungsrecht nach BGB.Das bedeutet, ich kann dann meinen Kredit mit einer Kündigungsfrist von einem 1⁄2 Jahr kündigen und z.B. zu besseren Konditionen umschulden. Auch kann man sich überlegen, ob man den guten alten Bausparvertrag als Zinssicherungsinstrument in eine Baufinanzierung mit einbaut.

E&V: Wie viel Eigenkapital ist aktuell mindestens nötig, um eine Finanzierung für ein EFH erhalten zu können?

Herr Schuster: Die meisten Banken verlangen mindestes die Kaufnebenkosten wie Grunderwerbsteuer, Notargebühren und die Maklercourtage als Eigenkapital. Je mehr weiteres Eigenkapital eingesetzt wird, desto günstiger wird auch der Zinssatz. Das liegt daran, dass die Banken ein geringeres Risko haben. Es gibt aber auch Banken, die auf das Eigenkapital gänzlich verzichten und die Nebenkosten über sogenannte Nachrangdarlehen finanzieren. Diese sind dann im Vergleich zum Immobiliendarlehen deutlich teurer vom Zinssatz.

E&V: Mit welcher Tilgungsrate muss man hierbei rechnen?

Herr Schuster: I.d.R. verlangen die meisten Banken eine Tilgungsrate von 2%. Wenn man jetzt einen Zinssatz von 4% unterstellt, bedeutet das eine Rate von 500,- € pro 100TEUR Kreditsumme.Viele Institute senken bei guter Bonität aber auch den Tilgungssatz auf 1% herab.

E&V: Was kann ich vorbeugend tun, wenn mein laufender Kredit in den nächsten 2-3 Jahren ausläuft? Wie bekomme ich sicher eine Anschlussfinanzierung?

Herr Schuster: Das ist ein spannendes Thema. Für diesen Zeitraum bietet sich ein sogenanntes Forwarddarlehen an. Es funktioniert so: Ich verlängere schon heute den Zinssatz meines aktuellen Darlehen, für den Zeitpunkt, zu dem dieses ausläuft. Für diesen Service zahlt man den sogenannten Forwardaufschlag, dass ist ein Zinsaufschlag auf den aktuellen Zinssatz.

E&V: Vielen Dank Herr Schuster und noch einen schönen Tag für Sie.



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