Liebe Frau Blem, herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen um mit mir kurz über Ihre Herzensangelegenheit Igel zu sprechen.
Jacqueline Koch-Mattern: "Seit wann gibt es Ihre Igelstation in Schwetzingen?"
Nicole Blem: "Seit ungefähr 5 Jahren, seitdem die Sommer immer trockener werden, sind immer mehr Igel in Hungersnöten und müssen aufgepäppelt oder medizinisch versorgt werden. Die warmen Sommer sorgen auch bis in den späten September noch für Geburten bei den Igeln, so dass die Jungtiere im November zu wenig Gewicht haben (unter 400g) und daher im Winterschlaf sterben würden. Aufgrund unseres naturnahen Garten haben wir selbst viele Igel und es hat schnell die Runde gemacht, dass ich mich um die Tiere kümmere."
Jacqueline Koch-Mattern: "Woran erkenne ich denn, dass ein Igel in Nöten ist und Hilfe braucht und wie verhalte ich mich dann am besten?"
Nicole Blem: "Igel sind Nachttiere, wenn sie tagsüber zu sehen sind, stimmt immer etwas nicht!
Wenn sie im November nur die Größe einer Orange haben, sind sie zu klein und brauchen Hilfe, entweder selbst hochwertiges Katzenfutter (+70% Fleischanteil) ohne Gelee oder Soße hinstellen (keinesfalls Milch!!) oder eine Igelstation benachrichtigen! Igel sind Raubtiere, also Fleischfresser! Keine Nüsse, Vogelfutter oder das billige Igeltrockenfutter hinstellen. Dieses ist oft nur Geldmacherei und hat keinen Nährwert! Igel lieben auch angebratenes ungewürztes Rinderhackfleisch oder auch ein Rührei, gemischt mit Katzenfutter aus der Dose."
Jacqueline Koch-Mattern: "Was kann man im Allgemeinen für unsere Igelpopulation denn tun? Immerhin steht der Igel unter Artenschutz, was einen vermuten lässt, dass diese Tierart bedroht ist."
Nicole Blem: " Bitte Durchlässe unten am Zaun schaffen, eine Natur-Ecke im Garten lassen, wo auch mal das Laub liegen bleibt und Artenreichtum im Garten fördern durch die Bepflanzung. Igel fressen die Schädlinge wie Schnecken und Raupen und sorgen für ein Gleichgewicht im Garten."
Jacqueline Koch-Mattern: "Man hört immer öfter von verletzten Igeln durch Mähroboterunfällen, haben Sie Tipps?"
Nicole Blem: "Die Mähroboter sind nach den Autos der schlimmste Feind des Igel. Sie werden schlimm verstümmelt an den Beinchen oder dem Schnäuzchen, weil sie so neugierig sind! Mähroboter sollten niemals in der Nacht fahren oder am frühen Morgen. Die Mittagsstunden sind am besten geeignet. Auch nicht zu dicht unter die Hecken fahren lassen, denn dort verstecken sich die kleinen Igel gerne, besonders Anfang September, wenn sie eigene Wege gehen und oft erst 200g wiegen. Besser selbst mähen, das kann auch Spaß machen und das nur einmal alle 10-14 Tage, damit Bienen und Insekten Futter finden können, die dann selbst wieder zu Nahrung für Fledermaus, Igel und Co. werden."
Jacqueline Koch-Mattern: "Wie finanzieren Sie Ihre Einrichtung? Gibt es Möglichkeiten Sie zu unterstützen? Nehmen Sie auch Sachspenden an?"
Nicole Blem: "Ich finanziere die Igelstation meist durch eigene Mittel. Waren es am Anfang nur 2 Igel im Winter, so hatten wir Oktober 2021/2022 April 14 Igel zum größten Teil unterernährt. Da haben wir zum ersten Mal einen Paypal Aufruf gestartet, um die ganzen Medikamente zu bezahlen. Jeder Igel muss entfloht und entzeckt werden, manuell und mit Spray. Dann folgen Antibiotika und Entwurmung durch Katzenpaste, hochkalorische Nahrung für stark geschwächte Igel und Hackfleisch, Eier, Leinöl, Multisanostol, Katzendosenfutter, Küchenrollen, und Unmengen von alten Zeitungen. Es wurden von den Spenden Igelhäuser (Kartoffelkisten aus Plastik) und große Plastikkisten als Einzelboxen angeschafft.
Dieses Jahr haben wir bis jetzt schon 5 Igel versorgt, zwei konnten schon wieder in die Freiheit, einer muss noch Gewicht zulegen, bevor auch er nach draußen darf, um für den Winter ein Haus zu bauen. Zwei Kleine haben jetzt erst die 90g erreicht und werden erst im Frühjahr freigelassen, dort wo sie gefunden wurden."
Die meisten Notfälle werden wieder im November erwartet, aber nur, wenn sie zu wenig Gewicht (unter 600g bis Anfang Dezember) haben. Da es immer wärmer wird im Winter, schlafen sie viel zu spät ein und finden aber keine Insekten mehr, da diese Population zum Winter verstirbt. So verlieren sie Gewicht und wenn es dann im Dezember, Januar erst richtig Frost gibt, reichen die Fettreserven nicht bis Ende April aus. Wenn es im Frühjahr schon zu früh warm ist, wachen die Igel wieder zu früh auf und finden wieder nichts zu fressen, da es zu trocken ist oder die Insekten noch nicht erwacht/geschlüpft sind! Der Kreislauf der Natur ist gestört, dank dem Klimawandel. Es ist fraglich, ob der Igel sich anpassen kann, oder zum Aussterben verdammt ist.
Ich bin sehr dankbar über jede noch so kleine Spende :-) und wer die Igelchen unterstützen möchte gerne per Paypal: