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Von der Sargassosee nach Schleswig-Holstein: Wie die Aalaktie den gefährdeten Aalbestand in der Schlei bewahrt

Auf diesem Blog stellen wir Ihnen in regelmäßigen Abständen neue, traumhafte Hotels, außergewöhnliche Restaurants oder regionale Betriebe vor, die unser schönes Bundesland noch lebenswerter machen. Was wir dabei bisher nicht thematisiert haben, sind die einheimischen Tiere. Dabei tragen diese einen wichtigen Teil zum Land Schleswig-Holstein bei. Können Sie sich beispielsweise den Nordseedeich ohne seine zahlreichen Schafherden vorstellen? Oder Sankt Peter-Ording ohne das wilde Möwengekreische? Oder die Schleswig-Holsteinischen Gewässer ohne die vielen unterschiedlichen Fischarten?


Eine dieser Fischarten ist der Aal. Der Aalbestand ist in den vergangenen Jahrzehnten jedoch deutlich zurückgegangen. Laut dem Landesfischereiverband Schleswig-Holstein hat das gleich mehrere Gründe – klimatisch bedingte Veränderungen, Lebensraumverlust oder künstliche Hindernisse sind nur einige davon. Mit der sogenannten „Aal-Aktie“ setzt sich der Förderverein zur Erhaltung maritimer Lebensformen und Lebensräume aktiv gegen diese Entwicklung ein. Mit dem Erwerb einer Aktie in Höhe von 20, 50 oder 100 Euro wird die Besatzaktion „Aalutsetten bi uns to Hus“ (plattdeutsch für „Aale aussetzen bei uns zu Hause“) unterstützt, die sich auf ganz Schleswig-Holstein bezieht. Begonnen hatte es 2010 mit dem „Aalutsetten in de Schlie“, das in Schleswig-Holsteins einzigem Meeresarm zwischen den beiden Halbinseln Angeln und Schwansen seitdem jährlich stattfindet. Das Aussetzen der kleinen Jungaale stellt einen schrittweisen Bestandsaufbau in der Ostsee sicher. Schirmherr der Aalaktie ist der ehemalige schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen. Finanziert wird die Förderung des Aalbestands zu 60% über öffentliche Mittel und zu 40% über Spenden.


Im Interview sprechen wir mit Nicole Knapstein, Executive Director bei sustain seafood, ein Verein zur Förderung nachhaltiger Fischerei und Unterstützer der kleinen handwerklichen Fischerei an unseren Küsten. Wir haben nachgefragt, wie die faszinierende Reise der Aale aussieht und wie sie in die schleswig-holsteinischen Gewässer gelangen, welche Faktoren den Aalbestand gefährden und warum das Aalessen weiterhin eine beliebte Tradition ist.

Engel & Völkers Schleswig-Holstein:

Liebe Frau Knapstein, toll, dass Sie uns mehr über die schleswig-holsteinischen Aale und die Aktion Aalaktie erzählen. Wie sieht die Reise der Aale aus und wie lange brauchen sie, um zu uns nach Schleswig-Holstein zu gelangen?


Nicole Knapstein:

Die Europäischen Aale schlüpfen in der Sargassosee, einem riesigen Meeresgebiet östlich von Florida. Ein Teil der Larven schwimmt mit dem Nordatlantikstrom nach Europa. Kurz vor ihrer Ankunft an den europäischen Küsten entwickeln sich die sogenannten Weidenblattlarven – sie sehen tatsächlich so aus – zu Glasaalen. Bis er in Schleswig-Holstein ist braucht ein Glasaal je nach Strömung mindestens zwei Jahre. Die Aale bleiben dann entweder vor unseren Küsten oder ziehen die Flüsse und Seen hinauf ins Süßwasser. In der Wachstumsphase heißen sie Gelbaale. Sie verbleiben oft mehr als ein Jahrzehnt an ihren Standorten, bevor sie als ausgewachsene Blank- und Silberaale in die Sargassosee zurückkehren, um sich zu vermehren und dann dort zu sterben.


Engel & Völkers Schleswig-Holstein:

Warum ist der Aalbestandsaufbau aus Ihrer Sicht in und für Schleswig-Holstein so wichtig?


Nicole Knapstein:

Der Aal gehört seit vielen Jahrmillionen zu unserer heimischen Fauna. Und trotz aller Gefährdungen zum Glück bis heute. So trägt der Aufbau des Aalbestandes dazu bei, die Biodiversität in unseren Meeren, Flüssen uns Seen zu bewahren. Dabei ist der gehaltvolle Wanderfisch ein wichtiges Glied in der Nahrungskette. Aber auch für uns war er lange Zeit ein „Brotfisch“, dessen reiches Vorkommen viele Menschen ernährt hat und ortsansässigen Fischern das Auskommen sicherte. Und bis heute ist der Aal wichtig für die heimische Küsten- und Binnenfischerei, die zur Identität unseres Landes gehört. Mal ganz davon abgesehen, dass die Fischer uns auf kurzen Wegen mit hochwertigen wie nachhaltigen Proteinen versorgen.

Engel & Völkers Schleswig-Holstein:

Aus welchen Gründen und seit wann setzen Sie sich besonders für die Aale ein? Wie sind Sie dazu gekommen?


Nicole Knapstein:

Ich selbst engagiere mich seit über zwanzig Jahren für eine nachhaltige Ernährung, die uns genauso guttut wie unserer Umwelt. Da ich das Wasser liebe, habe ich mich mit der Zeit auf die Fischerei und den Fisch konzentriert. Und dabei den Fischer Olaf Jensen kennengelernt, der sich neben seinem herausfordernden Beruf mit viel Engagement für den Aal einsetzt. Durch Olaf ist mir bewusst geworden, wie wichtig der Aal für die Fischer, aber auch die Fischer für den Aal sind.


Engel & Völkers Schleswig-Holstein:

Nicht nur klimatische bedingte Veränderungen gefährden den europäischen Aalbestand. Welche weiteren Entwicklungen resultieren im Bestandsrückgang und wie beugen sie diesen vor?


Nicole Knapstein:

Der Rückgang des Bestandes hat vielschichtige Ursachen. Angefangen bei der Umweltverschmutzung und Habitatsverlusten über Wasserkraftanlagen und andere künstliche Hindernisse, die dem Wanderfisch den Weg versperren, bis zu Parasiten und Fressfeinden – allen voran der Kormoran, dessen Überpopulation auch andere Fischarten gefährdet. Und wäre das nicht genug, gibt es auch noch einen florierenden Schwarzhandel mit Glasaalen Richtung Asien. Mit unseren Mitteln können wir einige der Ursachen maximal indirekt bekämpfen. Der wichtigste Hebel vor Ort bleibt der Besatz geeigneter Gewässer mit Jungaalen. Das sind Gewässer, in denen die Aale optimale Lebensbedingungen finden, um zu wachsen, um gesund zu bleiben und natürlich um ihren Weg zurück in die Sargassosee ohne Barrieren antreten zu können. Gemeinsam mit Europäischen Partnern engagieren wir uns außerdem auch auf politischer Ebene.

Engel & Völkers Schleswig-Holstein:

Die Einnahmen durch die Aalaktie ermöglichen es, junge Aale in die Schlei auszusetzen. Gerade stehen Sie kurz vor dem Aussetzen der Glasaale zwischen Wedel und Flensburg. Wie ist es zum sogenannten „Aalutsetten“ gekommen und wie kann man sich diesen Prozess als Außenstehender vorstellen?


Nicole Knapstein:

Seit 2007 kümmert sich Europa um den Aal. Kern der europäischen Aalverordnung ist die Aufstellung von sogenannten Aalmanagementplänen. In Schleswig-Holstein ist der Aalbesatz eine zentrale fischereiliche Managementoption. Das heißt, die Fischer müssen sich selber darum kümmern. Zwar wird der Besatz gefördert, aber 40 Prozent der Kosten müssen über Eigenmittel akquiriert werden. So kam es zu der Idee, mit dem „Aalutsetten in de Schlie“ eine Besatzaktion ins Leben zu rufen, die dem Aal mehr Öffentlichkeit und damit auch mehr Förderer verschafft. Olaf Jensen war damals einer der beiden Initiatoren. Heute dreizehn Jahre später ist das Event eine echte Institution, zu dem auch ein Ministerpräsident gerne kommt. Und das Wort Aalutsetten hat es sogar schon ein einen Krimi geschafft.


Aber das nur am Rande. Das wichtige ist, dass man in den letzten Jahren erste Erfolge sehen kann. Der Aalbestand in unseren Gewässern wird langsam größer. Sicher auch durch den Besatz, bei dem man vor den Küsten Frankreichs und Englands, dort wo die kleinen Aale in großer Anzahl das erste Mal auf Europa treffen, einen kleinen Teil der Glasaale schonend abfischt, um sie hier in geeignete Gewässer auszusetzen. Also gezielt dort, wo sie große Überlebenschancen haben und wieder abwandern können.


Engel & Völkers Schleswig-Holstein:

Der Aalbestand ist also gefährdet, es wird aber trotzdem weiter nach ihnen gefischt. Warum ist das so?


Nicole Knapstein:

Auch dem Aal hilft die Slowfood Philosophie: „Essen, was man schützen will“. Denn wenn keiner mehr den Aal fischt und isst, wird sich auch keiner mehr aktiv um seinen Schutz kümmern. Angesichts vieler menschengemachter Gefahren braucht der geheimnisvolle Wanderfisch diesen Schutz aber. Zudem ist es nicht die legale Fischerei, die den Bestand bedroht.

Engel & Völkers Schleswig-Holstein:

Das Aalessen hat eine lange Tradition und wird heute als Luxusessen angesehen. Woher stammt diese Tradition?


Nicole Knapstein:

Diese Tradition lässt sich schwer einer einzigen Region oder Geschichte zuordnen. Der Aal war früher einfach im Überfluss da – im Meer wie in den Seen und Flüssen –  und durch seinen hohen Gehalt an gesunden Fetten ausgesprochen nahrhaft. Heute ist er immer weniger auf den Speisekarten und in den Fischtheken zu finden. Selbst hier im Norden. Auch weil viele gar nicht mehr wissen, wie delikat ein wild gefangener Aal schmeckt und die kulinarische Tradition sich leider mehr und mehr verliert.


Engel & Völkers Schleswig-Holstein:

Und zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was bedeutet die Region Schleswig-Holstein für Sie und was schätzen Sie besonders am Norden?


Nicole Knapstein:

Schleswig-Holstein ist meine Wahlheimat. Sicher auch, weil ich hier schon als Kind wunderbare Urlaube verlebt habe. Aber vor allem, weil es hier mehr Wasser als Land gibt und zwei Meere zur Auswahl.


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Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Aalaktie.

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