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Nicolas Jeissing, Geschäftsführer beim Maklerhaus Engel & Völkers in Berlin, über Herausforderungen und Chancen des Berlin-Booms.
2017 wuchs die Berliner Wirtschaft das dritte Jahr in Folge um mehr als drei Prozent. Damit liegt Berlin im Ländervergleich weit vorn und überholt auch die gesamtdeutsche Wirtschaft. Ein wichtiger Faktor ist der starke Zuzug. Bis 2030 erwartet die Stadt einen Zuwachs von rund 180.000 Einwohnern.
Magnet für Millennials, die gefragteste Zielgruppe auf dem Arbeitsmarkt, und für Investoren gleichermaßen ist die Start-up-Szene: Bundesweit stieg die Summe der Investments in deutsche Start-ups um 87 Prozent, von 2,3 Milliarden Euro in 2016 auf 4,3 Milliarden Euro in 2017. In Berlin stiegen die Investitionen im gleichen Zeitraum sogar sprunghaft um 270 Prozent auf 3 Milliarden Euro, von 1,1 Milliarden Euro im Vorjahr. Beflügelt werden diese Investitionen durch niedrige Zinsen. Die Branche wird weiter wachsen, die Wanderungssalden werden hoch bleiben. Berlin ist auf dem Weg, das New York Europas zu werden.
Es braucht ein besseres Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe. Etablierte Unternehmen und Start-ups gleichermaßen stoßen aufgrund des Büroflächenmangels an Grenzen – die Leerstandsquote liegt derzeit bei circa zwei Prozent. Auch dem enormen Nachfrageüberhang auf dem Wohnungsmarkt muss die Stadt Herr werden: Im ersten Quartal 2018 wurden im Wohnungsbau rund 19 Prozent weniger Genehmigungen erteilt. Dabei drängt die Zeit: Die Senatsverwaltung geht im Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030 davon aus, dass Berlin in den nächsten zwölf Jahren 194.000 neue Wohnungen benötigt. Mit Blick auf die Wanderungssalden der letzten fünf Jahre hat der Senat zu tief gestapelt: Jedes Jahr werden mehr als 25.000 neue Wohnungen benötigt, aber nur 10.000 bis 15.000 gebaut.
Zu den entscheidenden Gegenmaßnahmen zählen mehr und günstigeres Bauland, schnellere Genehmigungen und höhere Abschreibungen. Ein willkommener Investitionsanreiz für den Neubau bezahlbarer Mietwohnungen ist die geplante befristete Sonderabschreibung von jährlich fünf Prozent über insgesamt vier Jahre, zusätzlich zur linearen Abschreibung (Afa) von zwei Prozent jährlich.
Die Verwaltung muss aktiv auf Eigentümer zugehen und sie zu Vorhabenträgern machen. Viel potenzieller Wohnraum bleibt ungenutzt, da es kein Konzept für Aufstockungen und Lückenschließungen gibt.
Zum Thema Nachverdichtung hatte ein Berliner Bestandshalter auf einer kürzlich von uns ausgerichteten Podiumsdiskussion einen sehr pragmatischen Vorschlag: Die Bezirksämter müssten nur die Genehmigung grundsätzlich an eine Mietpreisbindung und einen Wohnberechtigungsschein koppeln. Auch beim Vorkaufsrecht, dass die Bezirke in Milieuschutzgebieten zugunsten landeseigener Wohnungsbaugesellschaften ausüben, war die Forderung klar: Die Vorkaufspraxis solle dringend durch ein allgemeines Bieterverfahren abgelöst werden, das auch für private Gesellschaften offen ist.
Milieu zu schützen und Milieu zu verdichten schließen sich meiner Meinung nach nicht aus.
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