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Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat diese Woche weit über die Immobilienbranche hinaus Aufmerksamkeit erregt. Das Gericht hat die Berliner Vorkaufsrechtspraxis teilweise für rechtswidrig erklärt. Das Berliner Wohnungsunternehmen Pohl & Prym, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Mathias Hellriegel, hatte gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts geklagt und jetzt in dritter und letzter Instanz gewonnen.
Das Urteil stellt eine Chance dar für die Immobilienwirtschaft und Kommunen, die Probleme in den Bezirken künftig zusammen anzugehen und vertrauensvoller zusammenzuarbeiten – zum Nutzen der Mieter, des Milieus und im Sinne eines klimagerechten Bauens und Wohnens in der Zukunft.
Rackham F. Schröder, Geschäftsführer von Engel & Völkers Commercial, kommentiert das Urteil wie folgt: „Nach dem jahrelangen Konfrontationskurs zwischen Politik und Wohnungsbranche sollten sich die Akteure nun aufeinander zubewegen, um ein harmonisches Miteinander zwischen Mietern und Vermietern in Berlin zu ermöglichen.“ Der Hintergrund: Das Argument der „Verdrängung“ von Mietern aus den Kiezen und Bezirken wurde bisher immer scharf gegen die Unternehmen der Immobilienwirtschaft eingesetzt. Tatsächlich aber können Mieter qualitativ davon profitieren, wenn Käufer punktuelle Modernisierungsmaßnahmen durchführen, wie etwa den nachträglichen Einbau eines Aufzugs oder den Anbau von Balkonen. Und Energetische Sanierungen an Gebäuden sind notwendig zum Erreichen der globalen Klimaziele.
„Das Urteil zeigt, dass der Staat den Milieuschutz nicht automatisch über Energetische Sanierung stellen darf. Vor dem Hintergrund des klimaneutralen Wohnens in Zukunft muss es Besitzern möglich sein, dem gerecht zu werden – statt Veränderungen 30 Jahre lang auszusetzen. Es wäre paradox, wenn die mitregierenden Grünen daran kein Interesse hätten“, so Schröder weiter.
Dass das Urteil zur Berliner Vorkaufspraxis keinesfalls eine Katastrophe für Mieter sei – unabhängig davon, dass im verhandelten Fall eines Mehrfamilienhauses aus der Gründerzeit noch eine Mietpreisbindung bis 2026 bestand –, sagt Dr. Mathias Hellriegel, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Berlin, bekannt aus der Webinar-Reihe von Engel & Völkers Commercial und nun erfolgreich vor dem Bundesverwaltungsgericht.
In einer Abwendungsvereinbarung sollten sich seine Mandanten dazu verpflichten, Dinge zu unterlassen, die auch im Milieuschutzgebiet erlaubt seien. „Das Vorkaufsrecht ist nun auf seinen rechtsstaatlichen Kern zurückgeführt. Es sieht den Vorkauf vor, wenn Grundstücke in Milieuschutzgebieten unbebaut sind oder eine Baulandreserve haben. Oder wenn die Grundstücke nicht entsprechend den Zielen des Milieuschutzes genutzt werden. Es besteht auch, wenn die Immobilien schwere Mängel aufweisen. Das war in der Regel aber nicht der Fall, wenn die Bezirke den Vorkauf gezogen haben. Die Dinge waren so, wie sie sein sollten. Trotzdem sind die Käufer leer ausgegangen“, erklärt Dr. Hellriegel.
Ihm zufolge ist es nun spannend zu beobachten, was mit den schwebenden Verfahren passiert sowie in den Fällen, wo Berliner Käufer eine Abwendungsvereinbarung unterschrieben haben und sich dagegen gewehrt haben.
„Die etwa fünf bis zehn Kläger, deren Verfahren schwebend sind, werden recht bekommen. Die circa 292 Käufer, die sich mit den Regelungen der Abwendungsvereinbarung einverstanden erklärten oder diese nach einer Verhandlung mit dem Bezirk unterzeichneten, werden aus meiner Sicht von einer Rückführung profitieren, weil die Geschäftsgrundlage, auf der die Berliner Bezirke Abwendungsvereinbarungen verhandelten, weggefallen ist“, so der Anwalt. In den circa 77 Fällen, in denen das Vorkaufsrecht ausgeübt wurde, sich betroffene Käufer aber nicht gewehrt oder Klagen zurückgezogen haben, wird Dr. Hellriegel zufolge wohl nichts mehr passieren; hier blieben die Abwendungsvereinbarungen rechtsgültig.
Die Berliner Immobilienunternehmen können aufatmen, und künftig wohl auch die Immobilienunternehmen im ganzen Land: Dieses BVerwG-Urteil wird Bestand haben – und im kommenden Jahr 2022 steht möglicherweise eine Novellierung des Baugesetzbuchs durch die Ampel-Koalition an, die die Vorkaufsrechtspraxis für Immobilienkäufer bundesweit regelt.
Engel & Völkers Commercial dankt der Klägerin und Rechtsanwalt Dr. Hellriegel, dass sie den Weg bis in die oberste Instanz gegangen sind, um Klarheit in der Sache zu schaffen, dass das Milieuschutzrecht nicht durch die Hintertür des Vorkaufsrechts verschärft werden darf.
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