Engel & Völkers Lizenzpartner Commercial Berlin > Blog > Der Silberstreif am Horizont ist unübersehbar

Der Silberstreif am Horizont ist unübersehbar

29. Juni 2023 | Immobilieninvestments haben wegen stark gestiegener Zinsen enorm an Attraktivität verloren: Die Preise für Immobilien fielen, die Investmentumsätze brachen ein. Doch fallende Inflationsraten und steigende Mieten könnten nun die Vorboten einer TRENDWENDE sein.


In der aktuellen Ausgabe 05/2023 der IMMOBILIENWIRTSCHAFT spricht Ali M. Asefoglu, Head of Investment bei Engel & Völkers Commercial Berlin, über die positiven Aussichten am Investmentmarkt.


Vor rund 18 Monaten herrschte am deutschen Immobilieninvestmentmarkt eine euphorische Stimmung: Schließlich freute man sich, dass das Transaktionsvolumen gewerblicher Immobilien (inklusive Wohnen) 2021 einen neuen Rekord erreicht hatte. Nach Angaben des Immobiliendienstleisters JLL war es gegenüber 2020 – um mehr als 30 Prozent – auf über 110 Milliarden Euro gestiegen. Auch die Aussichten für 2022 stimmten Anleger damals optimistisch: Die Corona-Pandemie schien ausgestanden zu sein, und die Chancen, Lieferengpässe, etwa bei Baumaterialien, in den Griff zu bekommen, sahen gut aus.


Dann brach der Ukraine-Krieg aus und ließ die Preise für Energie und Rohstoffe sowie die Baukosten explodieren. Die Europäische Zentralbank (EZB) beendete daraufhin – nach mehr als sechs Jahren – ihre Nullzinspolitik, die auch die Immobilienmärkte hatte boomen lassen. Um die auf Rekordniveau gestiegene Inflation (Deutschland im Oktober 2022: 10,4 Prozent) einzudämmen, erhöhte sie seitdem drastisch die Leitzinsen.


FINANZIERUNGSBEDINGUNGEN LEIDEN UNTER DER ZINSPOLITIK

In nicht mal zwölf Monaten hob sie diese von -0,5 (Einlagenzinssatz) bis 0 (Hauptrefinanzierungssatz) auf 3,25 bis 3,75 Prozent (Stand: Anfang Mai 2023) an. „Zu stark in zu kurzer Zeit haben sich die Finanzierungsbedingungen für Immobilienkäufe geändert“, resümiert Matthias Pink, Head of Research des Immobiliendienstleisters Savills. Das führte dazu, dass sich insbesondere für Investoren, die Investments mit hohem Fremdkapitaleinsatz hebeln, Immobilienkäufe kaum mehr lohnen.

Wie sich das veränderte Zinsszenario auf deren Kalkulation auswirkt, illustriert Jan Linsin, Head of Research des Immobiliendienstleisters CBRE, an einem vereinfachten Beispiel: Ein Investor will eine Core-Büroimmobilie (Bestandsobjekt) in München erwerben und den Kaufpreis zur Hälfte mit einem Kredit (Laufzeit: fünf Jahre) finanzieren. Hierfür würden sich die Kapitalbeschaffungskosten der Bank (Anfang Mai 2023) auf knapp drei Prozent (Swap Rate) pro Jahr belaufen, so der Branchenexperte. Zuzüglich anderer Finanzierungskosten samt Marge summierten sich die Fremdfinanzierungskosten auf rund 4,5 Prozent jährlich.


TRANSAKTIONEN SCHEITERN AN PREISVORSTELLUNGEN

Die Netto-Anfangsrenditen von Core-Büroimmobilien in München zogen in den letzten Monaten zwar auch deutlich an. Sie liegen Linsin zufolge zurzeit mit knapp 3,75 Prozent aber unterhalb dessen, was Kredite kosten (siehe obiges Beispiel). „Daher lassen sich durch den Einsatz von Fremdkapital meist keine positiven Hebeleffekte mehr erzielen“, gibt er zu bedenken. Dies trägt mit dazu bei, dass viele Transaktionen scheitern, weil Käufer und Verkäufer sich oft nicht auf einen für beide Seiten akzeptablen Kaufpreis einigen können.


„Problematisch ist nicht nur der rasante Anstieg der Zinsen, sondern auch ihr starkes Schwanken“, merkt Pink an. Verkaufsprozesse, insbesondere großvolumiger, komplexer Transaktionen wie Portfolioverkäufe, erstreckten sich über mehrere Monate. Auf das schwierige Finanzierungsumfeld reagierten viele Käufergruppen wie angelsächsische Anlegergruppen, die typischerweise mit einer hohen Fremdfinanzierungsquote operieren, derzeit abwartend.


IST DAS ENDE DER ZINS-ERHÖHUNGEN ABSEHBAR?

„Daran wird sich so schnell auch nichts ändern“, sagt Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. Zumal es wieder Anlagealternativen zu Immobilien gibt. So sind mit Staatsanleihen und Pfandbriefen infolge der Zinswende wieder ganz passable Renditen erzielbar. „Das milderte den Druck beträchtlich, der vor allem auf konservativ orientierten Kapitalsammelstellen wie Pensions- und Versorgungswerken sowie Versicherungen in Zeiten negativer Renditen lastete, Immobilien quasi zu jedem Preis kaufen zu müssen“, so Scheunemann. Sie können entspannter beobachten, wie sich die Verhältnisse an den Investmentmärkten entwickeln werden, und freie Mittel anderweitig parken.


„Die Investmentmärkte verharren in einer Schockstarre“, stellt der Branchenexperte fest. In allen Segmenten brachen die Umsätze ein, gerade große Deals sind Mangelware. Selbst wenn sich das Transaktionsgeschehen im Jahresverlauf halbwegs erholt, dürfte der Investmentumsatz in diesem Jahr gegenüber 2022 mindestens um ein Viertel – Prognose JLL – fallen. „Es geht jetzt vor allem darum, dass die Investmentaktivitäten wieder Tritt fassen“, betont Oliver Schweizer, Leiter des Bereichs Immobilien bei EY Deutschland.


Damit die Trendwende gelinge, müsse sich die Situation bei Preisen und Zinsen entspannen, betont er. Marktakteure blicken gespannt darauf, wie stark die EZB die Zinsen anhebt. Ein bis zwei Zinsschritte bis Jahresende seien wahrscheinlich, so Schweizer. Ökonomen erwarten, dass sich die Leitzinsen dann – mit rund vier Prozent – auf ihrem Höchststand befinden werden. Vorausgesetzt, der Rückgang der Teuerungsrate (April 2023: 7,2 Prozent) hält an. Jeder Zinsschritt drücke die Immobilienpreise, gibt Michael Peter, Gründer der P&P Group, zu bedenken. Branchenexperten erwarten deshalb weitere Preiskorrekturen. Besonders für das Büro- und Logistiksegment sehen die Prognosen diesbezüglich ziemlich düster aus. „Um rund 20 Prozent fielen dort seit Mitte letzten Jahres die Preise, um fünf bis zehn Prozent könnte es in den nächsten Monaten nochmals abwärtsgehen“, sagt Andreas Trumpp, Head of Market Intelligence & Foresight beim Immobiliendienstleister Colliers.


INVESTOREN IN LAUERSTELLUNG

Aber es gibt auch positive Marktsignale. „Die Mieten ziehen an, nicht nur bei Wohnimmobilien, sondern bei nahezu allen Nutzungsarten“, hat Trumpp beobachtet. So stiegen in den Top-Standorten die Spitzenmieten für Logistikobjekte laut Colliers binnen eines Jahres im Schnitt um sieben bis 20 Prozent, bei Wohnimmobilien immerhin um sieben Prozent im Bestand und acht Prozent im Neubau. Diese Entwicklung verfolgen insbesondere eigenkapitalstarke Investoren äußerst aufmerksam mit.


„Erste darunter auch wieder gewichtige Transaktionen befinden sich in der fortgeschrittenen Anbahnungsphase“, weiß Ali Asefoglu, Head of Investment bei Engel & Völkers Commercial Berlin. Thomas Mohr, Vorstand der DIEAG, ergänzt: Der Markt warte darauf, dass sich die weitere Zinsentwicklung besser absehen lasse, und auf signalwirksame Referenzdeals im dreistelligen Millionenbereich. Ein heißer Aspirant für solche Transaktionen sind die börsennotierten Wohnungskonzerne.


Seit Monaten versuchen sie, sich von Portfolien zu trennen, um mit dem Erlös Schulden zu tilgen. Bis vor Kurzem taten sich gerade die Big Player Vonovia und LEG Immobilien schwer, Verkäufe zu realisieren. Marktkenner führen das darauf zurück, dass sie noch wenig Neigung zeigen, Objekte unter dem Buchwert abzugeben. Ende April gelang es Vonovia jedoch endlich, einen Mega-Deal unter Dach und Fach zu bringen. Für circa eine Milliarde Euro veräußerten die Bochumer knapp 30 Prozent ihres Südewo-Portfolios an den US-Investor Apollo. Ein weiteres Wohnungspaket (Wert: 560 Millionen Euro) konnte kurz darauf an CBRE Investment Management losgeschlagen werden.


Hinzu kommt das Dauer- thema ESG. Es dürfte nicht nur Wohnungskonzerne zwingen, Portfolien nach Kandidaten zu durchstöbern, die sich schleunigst zu Geld machen lassen. „Allerdings ist die ESG-Problematik bei vielen Akteuren noch nicht richtig angekommen“, findet CBRE-Immobilienmarktexperte Linsin. Value-added und opportunistisch gesinnte Investoren hätten dagegen längst die Chancen erkannt, die ihnen das schnell wachsende Segment der Transformationsimmobilien eröffnet. Sie beurteilten diese aus einer anderen Renditeperspektive, so Linsin, und verfügten zudem über die nötige Restrukturierungskompetenz.


„Viele Asset Manager sind nicht gewillt, aufwändige energetische Sanierungsmaßnahmen, die sich oft über mehrere Jahre erstrecken, für alle Immobilien ihres Bestandes in Angriff zu nehmen“, sagt Thomas Meyer, Vorstandschef der Wertgrund Immobilien AG (verwaltetes Vermögen: 1,6 Milliarden Euro). Die Kosten können sich auf über 1.000 Euro pro Quadratmeter summieren. Ferner seien Förderprogramme gestrichen worden und die Zinsen kräftig gestiegen, fügt er hinzu. Dennoch wollen einige der von Wertgrund gemanagten Fonds ab kommendem Jahr verstärkt Transformationsimmobilien erwerben und diese sanieren.


WIRTSCHAFT SOLL 2024 WIEDER DEUTLICH WACHSEN

Wohnungen seien knapp, die Mieten stiegen, und die Kosten energetischer Sanierungen ließen sich auf die Miete umlegen, so Meyer. In spätestens zwölf Monaten werde sich die Lage an den Investmentmärkten weitgehend entspannt haben. Das beurteilt Rudolf Kömen, Geschäftsführer von Intreal Luxembourg, ähnlich: 

„Trotz höherer Nominalzinsen sind die Realzinsen negativ.“ Bröckelnde Immobilienpreise seien eine Momentaufnahme, mittel- und langfristig würden sie wegen des Anlagedrucks bei institutionellen Investoren anziehen, ist Kömen überzeugt. Die trübe Stimmung an den Immobilienmärkten scheint sich zu verflüchtigen. „Ende 2022 gingen Ökonomen davon aus, dass Deutschland 2023 in eine Rezession rutscht“, resümiert Asefoglu. Diese Prognose wurde korrigiert: Nun soll die Wirtschaft etwas wachsen, 2024 deutlich. Die Inflation werde rückläufig sein, ebenso die Zinsen, so Asefoglu. „Das sind gute Aussichten für Immobilieninvestments, auch wenn die Nullzins-Politik der Notenbanken erstmal passé ist.“

Kontaktieren Sie uns jetzt
Engel & Völkers
Lizenzpartner Commercial Berlin
  • Joachimsthaler Straße 1
    10623 Berlin
    Deutschland
  • Telefon +49 30 203460
    Fax: +49 30 203461346

Öffnungszeiten:

Mo - Fr von 9 bis 18 Uhr

Wir kennen den Marktwert Ihrer Immobilie

Wissen Sie, was Ihre Immobilie aktuell wert ist? Ganz gleich, ob Sie sich zunächst nur über ihren derzeitigen Marktwert informieren möchten oder ob Sie Ihre Immobilie zu den bestmöglichen Bedingungen verkaufen wollen: Unsere erfahrenen Vermarktungsexperten stehen Ihnen gerne für eine kostenfreie und unverbindliche Wertermittlung zur Seite.

Folgen Sie uns auf Social Media