Engel & Völkers
  • 5 min. Lesezeit
  • 21.03.2025
  • von Bettina Krause

Raffinesse für die Ewigkeit – ikonische Designs

Der „Chaise Longue" von Le Corbusier
Foto von: Cassina
  • Ausgabe

    02/25

Ikonenhafte Möbel, modern und relevant auch Jahrzehnte nach ihrer Entstehung, ihr Alter sieht man ihnen nicht an. Losgelöst von Mode und Trends erobern diese Design-Klassiker seit Generationen über Ländergrenzen hinweg Herzen und Interieurs. Eine Auswahl heiß begehrter Sammlerstücke.

Inhaltsverzeichnis

  1. Cini Boeri – Ghost Chair

  2. Ludwig Mies van der Rohe – Barcelona-Couch

  3. Fritz Haller – USM-Modulmöbel

  4. Verner Panton – Flowerpot

  5. Isamu Noguchi – Coffee Table

  6. Gaetano Pesce – La Mamma

  7. Ray und Charles Eames – La Chaise

  8. Greta Grossman – Gräshoppa

  9. Le Corbusier – Chaise Longue

  10. Salvador Dalí – Vis-à-Vis de Gala

  11. Lina Bo Bardi – Bowl Chair

  12. Ron Arad – Book-Worm

Der „Ghost Chair“ von Cini Boeri
Foto: FIAM

Cini Boeri – Ghost Chair

Bei Italiens Designstar Gio Ponti begann Cini Boeris Karriere. 1963 gründete die Designerin und Architektin, die 2020 mit 96 Jahren in ihrer Heimatstadt Mailand starb, ihr eigenes Studio. Funktionalität und Ästhetik standen im Mittelpunkt ihrer Projekte. Diese reichten vom Ausstellungsdesign über Möbel bis hin zur Gestaltung von Prada-Handtaschen. Ihren „Ghost Chair“ aus zwölf Millimeter starkem, gebogenem Glas entwarf sie 1987 für das Label Fiam; das 36 Kilogramm schwere Möbelstück ist ebenso schlicht wie durchdacht. Für das Design ließ sich Boeri von der japanischen Papierfaltkunst Kirigami inspirieren, die mittels geschickter Faltungen und Schnitte dreidimensionale Objekte hervorbringt. Das Papierblatt ersetzte Cini Boeri durch eine Glasscheibe, die so eingeschnitten, gewölbt und geformt wurde, dass eine komfortable Sitzfläche mit Rückenlehne und Armstützen entstand. Der ikonische Stuhl ist im MoMA in New York und anderen hochkarätigen Ausstellungshäusern zu sehen.

Heute wird Mies van der Rohes Daybed mit der markanten Nackenrolle bei Knoll produziert.
Foto: Knoll

Ludwig Mies van der Rohe – Barcelona-Couch

Jedem Architekturfan sind das Farnsworth House in Illinois, die Neue Nationalgalerie in Berlin oder der Barcelona-Pavillon ein Begriff. Sie gehören zu den ikonischen Bauten Ludwig Mies van der Rohes, der in Aachen aufwuchs und 1938 in die USA übersiedelte. Konstruktionen aus Stahl mit riesigen Glasflächen waren sein Markenzeichen. Diese architektonische Innovation der Moderne versprach Klarheit, Transparenz und offene Grundrisse. Als einer der wichtigsten Architekten des 20. Jahrhunderts leitete van der Rohe das Bauhaus in Dessau und entwarf für seine Gebäude Möbel, die heute zu den Designklassikern gehören. Die Barcelona-Liege aus Stahlrohr und Leder entwickelte er gemeinsam mit der Designerin Lilly Reich für den Pavillon der Weltausstellung 1929, um die Harmonie der geradlinigen Architektur zu vollenden. Zur Barcelona-Kollektion mit ihrem ebenso minimalistischen wie charakteristischen Design gehören auch der gleichnamige Stuhl und Hocker.

Das „USM-Regal" von Fritz Haller
Foto: USM

Fritz Haller – USM-Modulmöbel

Aus Anwaltskanzleien, Arztpraxen und Redaktionen ist es kaum wegzudenken: Das 1963 von Fritz Haller und Paul Schärer entworfene USM-Regal ist aufgrund seiner Zeitlosigkeit, Qualität und Flexibilität seit Jahrzehnten ein Dauerbrenner. Multifunktional lassen sich die modularen Elemente zu Schränken, Tischen oder Regalen mit integrierten Blumentöpfen kombinieren. Sie haben sich in ihrer Konstruktion kaum verändert, seit sie in den 60er-Jahren entwickelt wurden. Ihre einfache, funktionale Form und die 14 USM-Farbtöne, die alle miteinander kombinierbar sind, machen die Produkte nachhaltig und zeitlos. Im Sommer 2024 lancierte USM mit Olivgrün eine neue, 15. Variante in der Farbpalette. Auch den Zeitgeist treffen die schlichten Möbel: Sie sind nicht nur auf internationalen Kunstmessen wie der Art Basel zu sehen, sondern werden überdies von Designern wie Alexandra Golovanoff oder William Fan zur Präsentation ihrer neuesten Kollektionen genutzt.

Das „USM-Regal" von Fritz Haller

Verner Panton – Flowerpot

Angesagter denn je ist Verner Pantons Tischlampe „Flowerpot“, die der dänische Architekt und Designer 1968 entwarf. Drei Halbkugeln – zwei im Schirm, eine im Fuß der Lampe – bilden die idealen Proportionen. In satten Farben erhellt der Hingucker Hotelzimmer, Restaurants und Wohnräume. Seine Karriere begann Panton als Assistent von Dänemarks Stararchitekt Arne Jacobsen, später entwarf er für Marken wie Fritz Hansen, Gebrüder Thonet und Vitra. Anders als viele seiner Kollegen entwickelte Panton ein Faible für künstliche Materialien, geometrische Formen und eignete sich großes Wissen über Farbpsychologie an. Auch ganze Interieurs kreierte Panton, darunter das ehemalige Verlagshaus des Magazins „Der Spiegel“ in Hamburg; dessen Kantine kann heute in fußläufiger Entfernung im Museum für Kunst und Gewerbe bewundert werden. Zu Pantons wichtigsten Entwürfen gehört auch sein s-förmiger „Panton Chair“, einer der relevantesten Stuhlklassiker der Designgeschichte.

Der „Coffee Table" von  Isamu Noguchi
Foto: Vitra

Isamu Noguchi – Coffee Table

Zu den bekanntesten Entwürfen des japanisch-amerikanischen Künstlers und Designers Isamu Noguchi gehört neben seiner Akari-Lampe aus Japanpapier sein skulpturaler „Coffee Table“. Eine schwere Glasplatte wird von zwei identischen Holzbeinen getragen, die im rechten Winkel zueinander angeordnet sind. 1944 entwarf Noguchi dieses Möbelstück, von ihm als seine beste Arbeit bezeichnet. Der Tisch vermittelt in seiner Transparenz Leichtigkeit und strahlt trotz seiner eigenwilligen geschwungenen Form große Ruhe aus. Noguchi war ein Allroundtalent. Für seine Skulpturen, Gärten, Möbel, Keramiken und Bühnenbilder verwendete er am liebsten Materialien wie Edelstahl, Marmor, Gusseisen, Holz, Bronze, Basalt, Granit und Wasser. In seinen von Poesie geprägten Werken setzte sich der Künstler mit der Frage nach der zeitlosen Form auseinander und prägte den Ausspruch: „There is no such thing as time.“ Dass sein künstlerisches Erbe bewahrt würde, überließ er nicht der Nachwelt. Drei Jahre vor seinem Tod setzte er sich 1985 im New Yorker Stadtteil Queens ein Denkmal: The Noguchi Museum.

Der Sessel „La Mamma" von Gaetano Pesce
Foto: mozaikdesign.com

Gaetano Pesce – La Mamma

Gaetano Pesces 1969 entworfene Serie „Up“ umfasste sieben Sessel und Sitzkissen, die an Votivstatuen prähistorischer Fruchtbarkeitsgöttinnen erinnern. Diese Hommage an den weiblichen Körper sollte zudem Funktionalität und Ästhetik vereinen. Bei „La Mamma“, auch bekannt als „Big Mama“, ist ein runder Hocker mit dem kurvigen Sessel über eine Art Nabelschnur verbunden. 2019 platzierte Pesce eine überdimensionierte Version seines berühmten Designs vor dem Mailänder Dom, überall von Pfeilen durchbohrt. Der umtriebige Architekt und Designer, der aus Italien stammte, aber seit Jahrzehnten in New York lebte, wollte damit ein Zeichen gegen das Patriarchat und den Missbrauch von Frauen setzen. In den 1960er-Jahren waren die Herstellung und das Auspacken des Sessels aus vakuumkomprimiertem Polyurethanschaum revolutionär. Das Volumen dehnte sich beim Öffnen aufgrund eines Gases aus und nahm seine Form an. Im Jahr 2000 legte B&B Italia den Kultsessel aus festem Polyurethan neu auf, ohne den besonderen Effekt der Entfaltung.

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„La Chaise" von Ray und Charles Eames.

Ray und Charles Eames – La Chaise

Sie sind das wohl berühmteste Paar der Designgeschichte: Ray und Charles Eames. Als ausgebildete Künstlerin hatte Ray ein feines Gespür für Harmonien und Farben sowie ein Auge für Details und spielerische Elemente. Damit ergänzte sie ideal die Talente von Charles, der Architektur studiert hatte. Beim Entwerfen ihrer Möbel legten die beiden den Schwerpunkt auf die Nutzbarkeit ihrer Objekte. Schlichtheit, organische Formen und technische Innovationen prägten ihr Werk, das in über 40 Jahren bis zum Tod von Charles Eames gewachsen war. Neben dem „Lounge Chair“ gehört „La Chaise“ zu den bedeutendsten Arbeiten des Paares. Dieses Design entstand 1948 für einen Wettbewerb des Museum of Modern Art in New York. Luftig und sanft wirkt der asymmetrisch geformte Stuhl mit der gewölbten Sitzfläche und dem Unterbau aus fünf Stahlstäben, die in einen Fuß aus Holz verankert sind. Inspiriert ist der Zweisitzer von Gaston Lachaise’ Skulptur „Floating Figure“ aus dem Jahr 1927.

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Greta Grossman – Gräshoppa

1947 entwarf die im Jahr 1906 in Helsingborg geborene Greta Grossman mit der Lampe „Gräshoppa“ eines ihrer wichtigsten Werke und eine Ikone skandinavischen Designs. Auch zu ihrer Leuchte „Cobra“ ließ sich die Schwedin von der Natur inspirieren, deren Formen sie gerne stilisiert, abstrahiert und reduziert in Möbel übersetzte. „Gräshoppa“ steht auf schlanken, geraden Beinen. Mit einfachen Strichen verlieh Grossman ihr eine Prise Eigensinn, der die Form fast lebendig erscheinen lässt. Das leicht nach hinten geneigte Stahlrohr, an dem der Lampenschirm befestigt ist, erinnert mit der charakteristischen Silhouette an einen Grashüpfer. Im Raum vermittelt das Objekt klassische Eleganz und Leichtigkeit. Es erreicht das, was viele Designer anstreben: eine bleibende Gestalt, die keine Trends oder Moden kennt und zu jeder Zeit frisch wirkt. Privat zog es Grossmann mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nach Kalifornien, wo sie als Designerin und Architektin tätig war. Sie gilt als eine von wenigen weiblichen Schöpferinnen ihrer Generation, denen noch zu Lebzeiten jene Anerkennung zuteil wurde, die sie verdienten.

Der „Chaise Longue" von Le Corbusier

Le Corbusier – Chaise Longue

Siebzehn seiner Bauten wurden zum UNESCO-Welterbe erklärt. Charles-Édouard Jeanneret-Gris, besser bekannt als Le Corbusier, zählte zweifellos zu den herausragenden Architekten des 20. Jahrhunderts. In der Schweiz geboren, verwirklichte er in den Bereichen Stadtplanung und Design seine Visionen von reiner Funktionalität und Zweckmäßigkeit, von klaren, geraden Linien ohne Beiwerk. Ihm ist der Begriff der „Wohnmaschine“ zuzuordnen; ein auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit beruhendes Gebäudekonzept, das möglichst vielen Menschen komfortablen Wohnraum ermöglichen sollte. Auch Möbel entwarf der umtriebige Visionär. 1928 entwickelte er gemeinsam mit Pierre Jeanneret und Charlotte Perriand die berühmte Chaiselongue auf Grundlage detaillierter Analysen von Proportionen und Körperhaltungen. Größten Komfort und Entspannung sollte das Möbelstück bieten und dabei ein Gleichgewicht aus geometrischer Reinheit und Ergonomie darstellen. Auf einem Untergestell aus Stahl ruht die mit Leder, Fell oder Stoff bezogene Liegefläche. Heute besitzt die Mailänder Möbelmarke Cassina die Rechte an der Chaiselongue, eine der relevantesten Ikonen der Designgeschichte.

Das Sofa „Vis-à-Vis de Gala“ von Dalí
Foto: miliashop.com

Salvador Dalí – Vis-à-Vis de Gala

Salvador Dalí ist vor allem als Maler bekannt, sein Werk „Die Beständigkeit der Erinnerung“ – dahinschmelzende Uhren in einer öden Landschaft – zählt zu den spannendsten Werken des Surrealismus. Dass der exzentrische Spanier auch großes Talent für Design hatte, bewies er mit seinem Kussmundsofa „Dalilips“, das er für das Theatermuseum Dalí in Figueras entwarf. Das von ihm erdachte Sitzmöbel „Vis-à-Vis de Gala“ bringt ebenfalls seinen Humor und sein Faible für Kurioses zum Ausdruck. Die Sofa-Struktur aus Holz ist mit schwarzem Polyester-Satin bezogen. Eine Verzierung aus Messing an der Rückenlehne stellt einen stilisierten Arm mit Hand dar, als ob die sitzende Person umarmt würde. Auf einer Seite mutet das mit Juwelen besetzte Handgelenk weiblich an, auf der anderen Seite erscheint es mit einer Uhr versehen eher männlich. Das kunstvoll gestaltete Designsofa ist heute bei BD Barcelona zu einem mittleren fünfstelligen Betrag zu bekommen.

Der  „Bowl Chair" von Lina Bo Bardi.
Foto: bardisbowlchair.arper.com

Lina Bo Bardi – Bowl Chair

Als ganzheitliche Denkerin und eine der ersten Frauen, die sich in einer von Männern dominierten Profession erfolgreich durchsetzte und einen Namen machte, gestaltete Lina Bo Bardi für die von ihr erdachten Häuser auch das Interieur. 1951 entwarf die brasilianische Architektin und Designerin mit italienischen Wurzeln ihren legendären „Bowl Chair“ als Ausdruck perfekter Proportionen. Auf einem Metallgestell liegt eine halbrunde, mit Leder bezogene Schale nur auf, ist somit beweglich und kann auf individuelle Bedürfnisse angepasst werden. Zu Bo Bardis Zeit war es eine vollkommen neue Konzeption, Schale und Gestell nicht miteinander zu verbinden. Eine Idee, die ihre Sicht auf die Welt verdeutlichte, in der jede Person ihr individuelles Potenzial ausleben sollte. Schlicht, reduziert und präzise in der Formgebung gilt der „Bowl Chair“ als zeitloser Klassiker, der ursprünglich als kompatibles Möbelstück gedacht war, das sich jeder leisten konnte. Heute ist der in zahlreichen Farben produzierte Stuhl mehrere Tausend Euro wert.

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Ron Arad – Book-Worm

Rechte Winkel gehören nicht zu seinen Vorlieben: Biegsam und individuell an verschiedene Raumsituationen anpassbar ist das Regal „Bookworm“ des britischen Designers und Architekten Ron Arad, der 1951 in Tel Aviv geboren wurde. Während die meisten Bücherregale streng rechtwinklig sind, kreierte Arad 1994 ein spiralförmiges Modell, das ein Gewicht von bis zu fünfzehn Kilogramm tragen kann. Bereits in der Gegenwart gilt der verspielte „Bookworm“ aus biegsamem Kunststoff als moderner Möbelklassiker, der gleichermaßen als skulpturales Kunstwerk und Designobjekt betrachtet werden kann. Zu Arads Markenzeichen gehört es, mit Formen, Materialien, dem Gewohnten zu experimentieren. Und er besitzt die Gabe, Grenzen zwischen Kunst und Design mit Leichtigkeit zu überwinden. Als Architekt, der zudem über eine künstlerische Ausbildung verfügte, realisierte er das Bauhaus Museum in Tel Aviv und das ebenfalls in Israel befindliche Design Museum Holon.

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