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Strukturwandel, Strafzölle, Stromversorgung: Wie sich der Berliner Markt für Industrie- und Logistikimmobilien neu ausrichtet

28. Mai 2025 | Im Berliner Markt für Industrie- und Logistikimmobilien überlagern sich derzeit verschiedene Entwicklungen. Ein anhaltender Strukturwandel hat die Nachfrage in die Stadt verlagert, aktuelle globale Handelsverschiebungen lenken den Blick auf Europa und die Stromverfügbarkeit wird zukünftig zum harten Standortkriterium. Zusammen ergeben diese Trends ein neues Koordinatensystem für Investoren und Nutzer, erklärt Sebastian König, Teamleiter Industrie & Logistik bei Engel & Völkers Commercial Berlin.


Urbane Nachfrage trifft auf begrenztes Angebot

Der Flächenumsatz betrug im Jahr 2024 rund 285.000 Quadratmeter und lag damit deutlich unter den Vorjahren, da großflächige Abschlüsse im Speckgürtel weitgehend ausblieben. Gleichzeitig bleibt die Nachfrage nach innerstädtischen, kleinteiligen Flächen unvermindert hoch. Handwerks- und Produktionsbetriebe suchen vor allem Einheiten im Erdgeschoss; Light-Industrial-Konzepte mit mehrgeschossiger Bauweise zeigen hohe Vermietungsquoten. Infolge des Wettbewerbs mit dem Wohnungsbau bleibt das Angebot begrenzt, was sich in seit Jahren steigenden Mieten für kleinere Einheiten widerspiegelt.


Eigentümer, die zuvor aus mehreren kleinteiligen Flächen großflächige Nutzungseinheiten geschaffen hatten, etwa zur Etablierung von Bürofunktionen in Gewerbehöfen, verfolgen mittlerweile wieder eine gegenläufige Strategie. Angesichts der aktuellen Nachfrage nach klassischen Produktions- oder Lagereinheiten beginnen viele, diese großflächigen Einheiten erneut zu parzellieren. Ziel ist es, flexibler auf den Bedarf von Handwerksbetrieben, urbaner Produktion und kleinteiligen Gewerben reagieren zu können.


Globale Faktoren als Nachfragepotenzial

Diskussionen über Strafzölle und die Neuordnung strategischer Lieferketten rücken den europäischen Markt zwar stärker in den Fokus internationaler Unternehmen. Konkrete Nachfrageeffekte lassen sich in Berlin bislang jedoch noch nicht nachweisen, die Entwicklung bleibt vorerst schwer prognostizierbar. Mittelfristig und langfristig könnten sich jedoch Veränderungen abzeichnen: Wenn Unternehmen ihre Produktion und Lieferketten näher an Europa (Nearshoring) oder in politisch verbündete Länder (Friendshoring) verlagern, steigt die Bedeutung gut angebundener Standorte. Berlin könnte dabei profitieren, weil es verkehrstechnisch gut gelegen ist, als logistischer Knotenpunkt zwischen West- und Osteuropa. Wer sich schon heute verkehrsgünstige, innerstädtische Flächen sichert, schafft damit die Option, von möglichen künftigen Warenströmen zu profitieren.


Energieversorgung als neue Standortdimension

Die Stromverfügbarkeit wird zum Schlüsselfaktor – vor allem für daten-, sensor- und automatisierungsintensive Nutzungen. Die Elektrizitätsnachfrage in Lager- und Industrieimmobilien nimmt durch KI-gestützte Robotik, IoT-Sensorik und automatisiertes Material-Handling deutlich zu. Auch das immer bedeutender werdende Teilsegment der Rechenzentren drückt dem Markt seinen Stempel auf. Eine McKinsey-Analyse prognostiziert für Europa eine Verdreifachung des Strombedarfs von Rechenzentren auf rund 35 Gigawatt bis 2030.


Auf Berliner Ebene verschärft sich die Lage durch ein neues Zuteilungsverfahren des Stromnetzbetreibers. Ab einem Bedarf von 3,5 Megawatt (MW) müssen Unternehmen sich um freie Kontingente bewerben; in den Bezirken Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg stehen für 2025 zusammen lediglich 160 MW zur Verfügung, die auf alle Antragsteller verteilt werden. Spandau, Reinickendorf, Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg und der nördliche Teil von Charlottenburg weisen aktuell gar keine zusätzlichen Kapazitäten aus. Die Aufteilung kann dazu führen, dass jedes Projekt nur einen Bruchteil seines kalkulierten Bedarfs erhält – ein Risiko insbesondere für energiehungrige Logistikautomatisierung und Datacenter-Ansiedlungen.


Eigenstromlösungen wie Photovoltaikanlagen auf dem Hallendach sind ein sinnvoller Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung. Aufgrund begrenzter Flächen und technischer Rahmenbedingungen können sie jedoch nur einen Teil des Energiebedarfs decken. Die Versorgungslücke größerer Anlagen lässt sich damit nicht vollständig schließen. Perspektivisch gewinnen daher hybride Versorgungskonzepte, Batteriespeicher und Kooperationen mit Netzbetreibern an Bedeutung. Standortentscheidungen werden künftig neben klassischen Flächenkennzahlen immer stärker von gesicherter Energieversorgung abhängen.


Phase der Neuordnung

Der Berliner Markt befindet sich in einer Phase struktureller Neuordnung. Ein stabiler Bedarf an innerstädtischen Light-Industrial-Flächen, potenzielle Nachfrageimpulse durch globale Lieferkettenanpassungen und die wachsende Bedeutung der Strominfrastruktur eröffnen neue Perspektiven für Investoren und Entwickler. Eine frühzeitige Standortsicherung, eine Einpreisung der Energieverfügbarkeit und ein wachsamer Blick auf internationale Handelsstrukturen bilden die Grundlage für nachhaltige Wettbewerbsvorteile in der Bundeshauptstadt.

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