Engel & Völkers
  • 4 min. Lesezeit
  • 25.04.2019

Le Corbusier: Stil und Philosophie der Architektur-Ikone

Le Corbusier zählt zu den einflussreichsten Figuren der modernen Architektur. Doch gleichzeitig scheiden sich an ihm die Geister. Denn während er für das skulpturale Wesen seiner offenen Wohnräume gefeiert wurde, erntete sein Beitrag zu den seelenlosen Sozialbauten aus Beton, die in den Nachkriegsjahren vielerorts entstanden, scharfe Kritik. Doch wie konnte dieser Autodidakt, der aus einem kleinen Schweizer Dorf stammte, die Architektur derart umfassend und nachhaltig beeinflussen?

Le Corbusier: Wie alles begann

Charles-Edouard Jeanneret wuchs als Sohn eines Uhren-Graveurs und einer Musiklehrerin in La Chaux-de-Fond auf. Bevor er sich, inspiriert durch einen Lehrer, der Architektur zuwandte, begann er jedoch eine Lehre an der Kunstgewerbeschule. Nach Abschluss seiner Ausbildung begab er sich auf eine Bildungsreise durch Europa. Am Mittelmeer entdeckte und studierte er die klassischen Proportionen der Renaissance-Architektur. In Wien und München tauchte er in die junge Kunstgewerbebewegung ein. Wie man mit Stahlbeton baut, erlernte er in Frankreich von dem Pionier Auguste Perret. Im Jahr 1920, nach einer langen Lehrzeit, erfand sich Jeanneret als Le Corbusier neu und begann mit der Entwicklung seines ganz eigenen Stils.

Le Corbusier: Biographie einer Design-Ikone

Gemeinsam mit Mies van der Rohe und Walter Gropius war Le Corbusier maßgeblich verantwortlich für die Entstehung des Internationalen Stils. Bezeichnend für diese Design-Bewegung waren rechtwinklige Linienführung, offene Räume und scheinbar schwerelose Konstruktionen. Seine Gedanken zu den fünf Punkten einer neuen Architektur formulierte und veröffentlichte Le Corbusier im Jahr 1927. In diesem Manifest trat er ein für:

  • Pfeiler - Ein Raster von Betonsäulen ersetzt tragende Wände und erlaubt den Architekten so die freie Raumnutzung.

  • Freie Grundrissgestaltung - Ohne tragende Wände entstehen flexibel nutzbare Wohnbereiche, die sich sämtlichen Lifestyle-Anforderungen anpassen.

  • Dachgärten - Ein begrüntes Flachdach schützt vor übermäßiger Feuchtigkeit und reguliert die Temperatur.

  • Langfenster - Horizontale Fenster in den nichttragenden Wänden versorgen das Interieur gleichmäßig mit natürlichem Licht und bieten einen Panoramablick.

  • Freie Fassadengestaltung – Durch offene und geschlossene Fassadenabschnitte werden Designelemente im Innen- und Außenbereich aktiv miteinander verbunden oder klar separiert.

Ein Blick auf diese architektonischen Prinzipien macht mehr als deutlich, dass Form und Funktion für Le Corbusier gleich gewichtet waren. Viele seiner Arbeiten zeigten außerdem auf, wie gelungene Architektur die Gesellschaft beeinflussen kann. Sein Konzept für die unité d´habitation, auch Wohnmaschine genannt, fasst seine Vision perfekt zusammen. Er wollte Wohnkomplexe mit großzügigen Apartments, überdachten Gemeinschaftsräumen, Dachgärten, Einkaufsmöglichkeiten und anderen Ausstattungsmerkmalen schaffen. Kurzum: Er träumte von komfortablem Wohn- und Lebensraum für die breite Masse.

Le Corbusier: Bauten und Vermächtnis

Der Baumeister Le Corbusier verwirklichte seine Design-Vorstellungen in spektakulären Gebäuden, die Form, Funktion und wahrhaftige Eleganz in einzigartiger Manier vereinen. So verkörpert beispielsweise die Villa Savoye in Poissy seine fünf Grundsätze der neuen Architektur in Perfektion. Noch bis ins späte 20. Jahrhundert galt sie als der Inbegriff luxuriösen Wohnens. Seine späteren Arbeiten, wie etwa die Wallfahrtskirche Notre Dame du Haut, bestachen durch eine organischere Ästhetik. Einigen namhaften Vertretern avantgardistischer Architektur, darunter die renommierte Designerin Zaha Hadid, dienten sie als wichtige Inspirationsquelle.

Le Corbusiers Hoffnungen auf eine Verbesserung des sozialen Wohnungsbaus blieben jedoch größtenteils unerfüllt. Die „Cité Radieuse“ in Marseille, die 1952 errichtet wurde, ist eines der wenigen Bauwerke, das seiner Idealvorstellung der unité d´habitation annähernd entsprach. Während er von lebenswertem Wohnraum träumte, entstanden stattdessen beengte Betonsilos ohne Infrastruktur für die Bewohner. In manchen Kreisen ist Le Corbusier deshalb umstritten. Eines steht jedoch fest: Wirkung und Reichweite von Le Corbusiers Vision sind unübertroffen. So wie ihm gelang es kaum einem anderen Architekten, die Elemente Design, Lifestyle und gesellschaftliche Funktion in Gebäudeform zu verschmelzen.

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